US-Sanktionen gegen Internationalen Strafgerichtshof zeigen, wie gefährlich die Abhängigkeit von Microsoft ist

16. 05. 2025 | Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, der britische Jurist Karim Khan, wurde durch Microsoft von seinem E-Mail-Konto ausgesperrt. Seine Bankkonten in Großbritannien wurden gesperrt. Bundesregierung und bayerische Landesregierung machen weiter, als ginge sie das nichts an.

Im Gegensatz zu Deutschland und den anderen EU-Staaten erkennen die USA den Internationalen Strafgerichtshof nicht an und sind kein Mitglied. Trump hat Sanktionen gegen Khan und den Gerichtshof und gegen Institutionen verhängt, die mit diesen zusammenarbeiten. Der Grund: ein Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in Gaza, den der Gerichtshof im November 2024 ausstellte.

Microsoft hat daraufhin die E-Mail-Adresse von Khan gestrichen und ihn von seinen E-Mails ausgesperrt. Seine britischen Bankkonten wurden eingefroren, mutmaßlich ebenfalls aufgrund der Sanktionsdrohung.

Einem Bericht der Nachrichtenagentur AP zufolge, ist der Strafgerichtshof nur noch sehr eingeschränkt arbeitsfähig, weil viele Unternehmen und Organisationen, auf deren Zusammenarbeit er angewiesen ist, diese aufgrund der Sanktionsdrohung verweigern.

Das erpresserische Vorgehen des US-Präsidenten macht überdeutlich, in welche Abhängigkeit die deutsche Regierung mutwillig das Land steuert, indem sie digitale Souveränität zum reinen Lippenbekenntnis verkommen lässt und die hochgradige Abhängigkeit von US-Unternehmen wie Microsoft und die US-Finanzdienstleister durch eine radikale Digital-only-Digitalisierungsstrategie noch verstärkt.

Die meisten öffentlichen Verwaltungen sind für ihr digitales Funktionieren vollständig auf Microsoft angewiesen. Die meisten Bezahlverfahren, in die die Bundesregierung die Bürger durch Bargeldabschaffung und Digitalzwang treibt, hängen direkt oder indirekt von US-Finanzdienstleistern ab.

Während die Bundesregierung unter dem windigen Vorwand, militärisch von den USA unter Trump unabhängiger werden zu müssen, Trumps Forderung nachkommen will, die Militärausgaben massiv auszuweiten, macht sie das Land gleichzeitig komplett digital abhängig von den USA und den Launen ihres Präsidenten. Es gibt nichts, was es vernünftigen Menschen erlauben würde anzunehmen, dass jemand wie Trump das Sanktionsschwert nicht gegen Deutschland oder Deutsche einsetzen würde, die sich seinen Wünschen widersetzen.

Deutschland wäre schon jetzt aufgrund der Sanktionsdrohungen Trumps gar nicht mehr in der Lage, den Strafgerichtshof gegen Trumps aggressive Anmaßung zu verteidigen. Es ist sehr fraglich, ob ein verantwortungsvoller deutscher Regierungspolitiker es angesichts des Ausmaßes der Abhängigkeit von den USA wagen könnte, die Verbrechen gegen die Menschheit, die Netanyahu und seine Regierung in Gaza verüben, als solche zu bezeichnen und entsprechend zu handeln. Trump hat schließlich gezeigt, wozu er bereit ist, wenn jemand sich gegen Netanyahu und seine teilweise rechtsradikale Regierung wendet.

Dass es weder Deutschland, noch ein anderes europäisches Land wagen kann, den Haftbefehl gegen Netanyahu zu vollstrecken, ist klar. Dafür kann man kaum jemand einen Vorwurf machen. Immerhin haben US-Senatoren aus Anlass der Ausstellung des Haftbefehls öffentlichkeitswirksam an das sogenannte Den-Haag-Invasionsgesetz erinnert, das die USA für solche Fälle in der Hinterhand halten. Aber dass die Regierung mutwillig die Abhängigkeit immer weiter steigert, statt sie abzubauen, ist in hohem Maße unverantwortlich und widerspricht dem Amtseid, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

Die CSU-geführte bayerische Staatsregierung steht der Bundesregierung in Sachen Untergraben der digitalen Souveränität in nichts nach. Aktuell wird in Bayern das Personalmanagement für Staatsbedienstete auf ausschließlich digital umgestellt. Alle einbezogenen Landesbediensteten bekommen Unterlagen nur noch über ein digitales Portal. Wer damit nicht umgehen kann, darf in extrem restriktiv definierten Fällen einen Härtefallantrag stellen. Als mögliche Gründe aufgeführt sind nur gesundheitliche Einschränkungen und nachgewiesene rechtliche Betreuung. Die Liste der von vorneherein abgelehnten Gründe ist viel länger. Sie schließt Datenschutzbedenken und Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme ebenso ein wie fehlende technische Voraussetzungen.

Notwendig ist, der Netzseite von „Mitarbeiterservice Bayern“ zufolge, ein Computer mit dem Betriebssystem Microsoft Windows 10 oder 11 und ein Browser von Microsoft, Google oder Mozilla. Wer demnach mit einer in Sachen Datenschutz und digitale Souveränität weit vorzuziehenden quelloffenen Software auf Linux-Basis arbeitet, wird gezwungen, auf Microsoft-Software umzusteigen oder diese parallel zu nutzen.

Bei alledem macht sich die Landesregierung in ihrer herrschaftlichen Überlegenheit nicht einmal die Mühe, den Staatsdienern Argumente und Versicherungen zukommen zu lassen, dass und warum sie sich in Sachen Datenschutz keine Sorgen machen müssen und warum die Verhältnismäßigkeit angeblich auf jeden Fall gewahrt ist. Lediglich dass Artikel 20 Absatz 3 Bayerisches Digitalgesetz (BayDiG) von 2022 Grundlage für die Maßnahme ist, erfahren die Betroffenen auf der Seite. Wie die Ausgestaltung dieser Maßnahme allerdings mit anderen Vorgaben des Gesetzes in Einklang zu bringen ist, bleibt hier und da schleierhaft:

  • Die eigenständige digitale Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit des Freistaates Bayern ist durch geeignete Maßnahmen zu sichern.
  • Die Behörden des Freistaates Bayern sollen bei Neuanschaffungen offene Software verwenden und offene Austauschstandards nutzen, soweit dies wirtschaftlich und zweckmäßig ist.
  • Die Behörden des Freistaates Bayern sollen bei Neuanschaffungen von Software (…) Nutzersicht und Wirtschaftlichkeit gleichrangig behandeln.
  • Der Freistaat Bayern fördert die digitale Selbstbestimmung.

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